Auch wenn Saigon die größte und bekannteste Stadt von Vietnam ist: Die Hauptstadt ist das im Norden des Landes gelegene Hanoi, das sich zugleich älteste Hauptstadt Südostasiens nennen darf. Im Jahr 2010 feierte Hanoi mit viel Aufwand den 1000. Geburtstag, der darauf basierte, dass die Zitadelle Thang Long im Jahr 1010 zum ersten Mal erwähnt wurde. Tatsächlich war die Region am Delta des Roten Flusses schon viel früher besiedelt – älteste Spuren datieren aus der Bronzezeit um 800 v.Chr., die in Vietnam als Dong Son-Kultur bezeichnet wird.
Die Thang Long Zitadelle der Hauptstadt
Nachdem Nordvietnam über tausend Jahre lang von den Chinesen beherrscht worden war, gründete Ngo Quyen im Jahr 939 einen unabhängigen Staat namens Dai Co Viet, dessen erste Hauptstadt die Festung Co Loa wurde. Als Ly Thai To im Jahr 1009 den Thron des noch jungen Landes bestieg, entschloss er sich dazu, aus dem Ort Dai La eine neue königliche Residenz zu machen und ließ die Zitadelle Thang Long („aufsteigender Drache“) erbauen – die Geburtsstunde der Stadt Hanoi. Angelehnt an das chinesische Vorbild entstand so auf einer großen Fläche die „Verbotene Stadt“ mit zahlreichen Palästen und Gärten, die von einer äußeren Stadt umschlossen wurde. Von der originalen Zitadelle ist heute kaum noch etwas übrig außer den Stadttoren. Der häufig fotografierte Flaggenturm, ein Wahrzeichen der Stadt, stammt zum Beispiel aus dem frühen 19. Jahrhundert. Auch die Einsäulen-Pagode, deren Original 1049 erbaut wurde, ist heute eine Nachbildung. Einen kleinen Eindruck von der Pracht der mittelalterlichen Zitadelle vermittelt am ehesten noch der Literaturtempel (Van Mieu) und der rekonstruierte Pavillon der Prinzessin (Hau Lau).
Von Thang Long über Tonkin nach Hanoi
Der Stadtname wechselte mehrfach und wurde von den ersten europäischen Händlern der Niederländischen Ostindien-Kompanie schließlich Tonkin genannt. Dieser Name wurde später auf den ganzen Norden von Vietnam erweitert und gab u.a. dem „Golf von Tonkin“ seinen Namen – in Vietnam selbst war Tonkin jedoch nie gebräuchlich. Der heutige Name Hanoi wurde 1831 von Kaiser Minh Mang eingeführt und bedeutet „Stadt innerhalb der Flüsse“ – zu diesem Zeitpunkt war es lediglich Verwaltungszentrum des Nordens, während die Kaiser der Nguyen-Dynastie von 1802 an von Hue aus regierten.
1873 kamen die Franzosen, die das Stadtbild grundlegend veränderten und u.a. die Zitadelle und Paläste der Kaiser zerstörten. Stattdessen legten sie ein neues europäisches Viertel mit ihren Kolonialvillen, Kirchen und einem hübschen Opernhaus an, das heute noch als Luxusviertel der Stadt gilt. Nach der japanischen Besatzung von 1940 bis 1945 rief Revolutionsführer Ho Chi Minh kurz danach die Demokratische Republik Vietnam aus, die Hanoi zur neuen Hauptstadt haben sollte, während die Kaiser weiter im Süden Hue aufgaben und Saigon zur Hauptstadt Südvietnams erklärten. Dem Indochinakrieg gegen die Franzosen folgte der Vietnamkrieg gegen die Amerikaner, bei denen Hanoi durch amerikanische Bombenangriffe schwer beschädigt wurde. Seit der Wiedervereinigung 1976 ist Hanoi nun wieder Hauptstadt des gesamten Landes.